DEKRA Lausitzring, 12.-13. Oktober 2024
Weil Zylinder keine Kopfbedeckung sind
Zur Senkung des Risikos, an Freizeit zu erkranken, ging es nach der Motorsportarena Oschersleben sowie dem Flugplatzrennen in Obermehler zum Trackday an den Lausitzring. Also raus aus dem Rollblechpalast und im Stoßstangentango mit kopulierenden Lieferlöwen durchs Blechballett zum Speedway.
Die Hinfahrt der 107er verlief geschmeidig wie auf einer Wanderdüne, man hätte uns nicht geblitzt, eher gemalt. Wir hatten ein leicht schlechtes Gewissen, weil der Dicke nach der Sommerausfahrt „20 Jahre RT04“ so lange einsam war, nach ein paar Komplimenten und einem Klaps auf das Heck war die Liebe aber wieder einvernehmlich.
Im Fahrerlager bildeten die Silberlockenbomber zwischen all den Feinstaubperlen ein imposantes Bild. Neben dem schwedischen Architektenpanzer waren wir mit dem asiatischen Origami-Rennkarton und dem Melkus Bollerwagen am Start. Bei Letzteren hat selbst eine Sardine in der Dose mehr Platz. In der Formel Easter, quasi der Formel-1 des Ostens, war für den Melkus der Pokal für „Frieden und Freundschaft“ mit die höchste Auszeichnung unter den Bruderländern. Die ersten 107er kennen solche Begriffe noch als „Peace and Love“ der Hippies.
Trackdays sindein Eldorado für alle, die bei Zylindern nicht an eine Kopfbedeckung denken. Es gab mehr sexy Flitzer als beim Profifußball, Kotflügel mit Adipositas die Koenig zum Weinen bringen, Dönercorvettes und natürlich Ludenschaukeln, vergleichbar einem Schichtleitertreffen auf der Reeperbahn. Deren glanzgedrehte Alu-Rundlinge hatten Einpresstiefen, in denen ein Six-Pack verschwinden konnte, aber breit darf man jetzt nach der Teillegalisierung ja fahren. Manch Hobel lag tiefer als meine Oma auf dem Hauptfriedhof und war pure Medizin bei Netzhautverletzungen. Dazu ein Klangkarneval, welcher Gänsevorhaut und Vorhofflimmern verursachte. Die Klappe noch auf Durchzug gestellt, damit das Trommelfell die Behandlung bekommt, die es verdient und auch für das Näschen was Aufputschendes rauskommt.
Das Wetter zog alle Register. Sonne, Regen und Sturm, d.h. Reifenwechsel von O bis O: Oh es kommt die Sonne raus, Oh es regnet.
Also Helm auf, Hosenträger straffziehen und Ersatzunterhose an, denn Vernunft fährt ÖPNV. Die Ideallinie ist keine Körperform und im Angstfall die Großen vorlassen, so wie früher auf dem Schulhof. Das Recht auf PS-Prügeleien gehört ins Grundgesetz! Spätestens am Ausgang der Boxengasse macht Testosteron brünstig und selbst John Wick würde beim Überholen Emotionen zeigen.
Neben viel Bohnenbrause und flügelverleihender Pulspeitsche bestand die Verpflegung aus frittierten Kartoffelstängel mit bleifeien Hopfenwasser, dazu alles das, was sonst nur die ungeliebten Kinder in der Realschule dabeihaben.
Der Benzinbonanza macht durstig, also im Treibstofftempel das Urlaubsgeld für Oktan verbraten. Tanken statt Laden. SuperPlus-Lusttropfen gehören ins Loch und nach Prüfung, ob noch ausreichend Rutschebutter in der Schmierluke ist, ging es wieder auf die Piste.
Abgesehen von einem divenhaften Getriebe, was mit einfühlsamer Gewalt behandelt werden wollte, einem Endschalldämpfer, den die G-Kräfte auf der Fassung brachten oder einer gewissen Inkontinenz, um mit Motoröl das Revier zu markieren, verliefen alle Stints ohne Blessuren.
Somit hatte sich der RT04 abends eine Gerstenkaltschale redlich verdient und mit einem Filetfetzen im Bauch baut sich die Glasgärung bis zum nächsten Stint auch vernünftig ab.
Adrenalin brachte unsere Synapsenschleudern an dem Rennwochenende mal wieder an den Rand der Drehzahlbegrenzung und unsere Herzen sowie Polkappen zum Schmelzen. Der kleine Thomas wollte nie aus dem Zylinderparadies abgeholt werden …
Bild Poster: von G.C. auf Pixabay; Bild Race Car: von Clker-Free-Vector-Images auf Pixabay; Bild Radfahrer von Gordon Johnson auf Pixabay