Colditz – Cock to escape from Saxony’s Alcatraz

Das Renaissance-Schloss Colditz im Landkreis Leipzig ist nicht nur eines der schönsten mitteldeutschen Baudenkmäler des 16. Jahrhunderts, sondern kann als Jagdschloss und Gefangenenlager auch auf eine lange Tradition mit heißblütigen und superleichten Fortbewegungsmitteln verweisen, und war somit das perfekte Ziel um mit 29 gekommenen Fahrzeugen in die Saison zu starten.

Seine erste Blütezeit als Jagdschloss erlebte Colditz unter dem sächsischen Kurfürsten Friedrich dem Weisen (1486–1525) und eine zweite Hochzeit unter Kurfürst Christian I. bzw. seiner Gattin Sophie von Brandenburg (1568–1622). August der Starke, bekannt für seine Liebe zum luxuriösen Pomp, nutzte Colditz ab 1694 für seine elitären Jagdgesellschaften mit Adeligen und Würdenträgern. Der sächsische Casanova hatte nicht nur die Lizenz zur Untreue, er wurde auch standesgemäß in Prachtkutschen wie der „Grand Carrosse“, quasi dem Maybach des 18. Jahrhunderts, chauffiert. Für Jagdausflüge benötigt es aber neben diesem komfortablen Gran Turismo zusätzlich superleichte und wendige Gefährte, schnelle Jagdpferde eben.

Diese „Muscle Horses“ waren, vergleichbar mit heutigen Luxussportautos, mit die elitärsten Statussymbole der damaligen Zeit. Noble Accessoires wie Sättel aus exklusivem Leder, oder Exterieur wie veredelte Trensen oder wertvolle Steigbügel, ließen als Sonderausstattung den Listenpreis in gigantische Höhen schnellen.

Diese schnellen Prestigeobjekte brachten ihre Besitzer auch damals glücklicherweise schon dazu, unvernünftige Dinge zu tun – wie zum Beispiel Geld für Tuning und Verzierung auszugeben. Etwas was auch der eine oder andere 107er erlebt hat.

Hochwertiges Kraftfutter diente, genau wie Super Plus beim SL/SLC, zur Leistungssteigerung. Einzig Kaliber wie Chuck Norris könnten darauf verzichten, denn er reitet nicht, er ist schneller ohne Pferd!

Sportliche und exklusive Fortbewegungsmittel sind aber nicht nur teuer, sie müssen auch gehegt und gepflegt werden. Genau wie wir unsere 6- oder 8-Zylinder nach längerer Anstrengung schonend abkühlen, so erfuhren die vierbeinigen Heißblüter diese Sorgfalt durch den Stallburschen. Mitunter wurden dazu die Beine des Pferdes abgeduscht, quasi der Bremsstaub von den Felgen entfernt. Schmutz und Feuchtigkeit sind für Pferde genauso schädlich wie für Autos, sie rosten zwar nicht, erleiden aber mitunter Hautirritationen und genau wie unsere 107er mussten auch diese Boliden vor sowie nach dem Ausritt blitzblank sein. Als eine der ersten Waschstraßen diente dazu auf Schloss Colditz die Pferdeschwemme, ein großes Bassin, im dem die edlen Jagdpferde gewaschen wurden, natürlich nur mit Handwäsche.

Ob damals als Politur rückfettende Pferdeshampoos verwendet wurden ist fraglich, aber genau wie wir uns keinen Duftbaum in den 107er hängen, sondern die Patina aus Öl und alten Leder riechen wollen, mögen es Pferde nicht, wenn Shampoos ihren Eigengeruch überdecken. Beim Nachpolieren unterscheidet sich aber die Fell- von der Blechpflege, zumindest solang keiner seinen 107er mit einer Fellglanzbürste reinigt, wobei bei Felgen wohl schon Zahnbürsten zum Einsatz gekommen sein sollen. Die abschließende Schweifpflege ist beim 107er dann aber doch nur bei den Cabriofahrern von Nöten, denn im SLC sitzt die Frisur auch noch nach einem stürmischen Ritt.

Schloss Colditz war aber nicht nur Jagdschloss oder Irrenanstalt, es ging auch als Kriegsgefangenenlager für alliierte OffiziereZweiten Weltkrieg in die Geschichte ein. Unter den inhaftierten Offizieren war auch der britische Rennfahrer Tony Rolt. Rolt „The Major“ nahm 1950 am Debüt-Weltmeisterschaftslauf der Formel 1 , dem Großen Preis von Großbritannien, teil. Seine größten Erfolge im Motorsport feierte der spätere Werksfahrer in einem Jaguar C-Type und 1953 beim 24 Stunden-Sieg in Le Mans.

Wie viele Inhaftierte suchte auch Rolt nach Wegen zur Flucht von Schloss Colditz: „Escaping was not a game, nor was it fun. It was a duty“. Die Genfer Konventionen war die Grundlage, welche die Ausbruchsversuche der inhaftierten Offiziere legitimierte. Schloss Colditz war quasi das Alcatraz des 3. Reichs und so wie bei der Flucht aus „The Rock“ die Bucht von San Francisco überwunden werden musste, lag die Freiheit beim Schloss Colditz auf einer etwa 60 Meter tiefer gelegenen Wiese auf der gegenüberliegenden Seite der Zwickauer Mulde. Eine Flucht benötigte also etwas, was Flügel verleiht und da es zu dieser Zeit noch keine Energydrinks gab, blieb nur der heimliche Bau eines Segelflugzeuges übrig. Als Ingenieur half Rolt beim Bau dieses legendären „Colditz-Gleiters“. Die Idee zu einer Flucht mit einem Segelflugzeug hatten die beiden Piloten Jack Best und Bill Goldfinch.

Die inhaftierten Ingenieure nutzten ihren technischen Einfallsreichtum, um auf dem Dachboden der Schlosskapelle einen Segelflieger aus Materialien wie Bettlaken, Holz und Draht zu bauen. Er hatte eine Spannweite von 8 und eine Länge von 7 Metern. Der Gleiter war so konzipiert, dass er von zwei Personen gesteuert werden konnte und eine Flughöhe von etwa 60 Metern erreichen sollte. Auf einer Rampe aus Tischen sollte das 150 Kilo schwere Konstrukt über einen Seilzug von einer an der Außenwand fallenden beladenen Metallbadewanne auf eine Fluggeschwindigkeit von 50 km/h beschleunigt werden.

Im Jahr 2000 wurde mit einer Replik die Flugtauglichkeit bewiesen, welche heute im Imperial War Museum in London ausgestellt ist.

Übrigens ist Schloss Colditz auch ein perfekter Ausflugsort für Hunde. Die Leute vor Ort sind ausgesprochen tierlieb.

Scroll to top